Anspruch auf BAföG und der verspätete Leistungsnachweis nach § 48 Absatz 2 BAföG

Das Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) regelt in § 1 den Anspruch auf Ausbildungsförderung, wenn Studierenden oder Auszubildenden die für ihren Lebensunterhalt und ihre Ausbildung erforderlichen Mittel nicht anderweitig zur Verfügung stehen. Es handelt sich um eine staatliche Leistung, die eine Ausbildung unabhängig von der familiären finanziellen Situation ermöglichen soll.
Nach § 9 Abs. 1 BAföG wird eine Ausbildung gefördert, wenn die bisherigen Leistungen erwarten lassen, dass das angestrebte Ausbildungsziel erreicht werden kann. Solange die Ausbildungsstätte ordnungsgemäß besucht wird und der Studienfortschritt erkennbar ist, wird dies nach § 9 Abs. 2 BAföG zunächst vermutet.
1. Der Leistungsnachweis nach § 48 BAföG
Eine wesentliche Anspruchsvoraussetzung ist der Leistungsnachweis ab dem fünften Fachsemester (§ 48 BAföG). Studierende müssen belegen, dass sie die bis dahin üblichen Studienleistungen erbracht haben. Bleibt der Nachweis aus, kann die Förderung versagt oder eingestellt werden. Maßgeblich sind dabei die Vorgaben des jeweiligen Studiengangs, insbesondere Studienordnung und Studienverlaufsplan.
Folgende Nachweise werden regelmäßig anerkannt:
- Zwischenprüfungszeugnis: Wurde eine Zwischenprüfung bestanden, die laut Prüfungsordnung frühestens ab dem Ende des dritten Fachsemesters möglich ist und bis zum Ende des vierten Fachsemesters abgelegt wurde, kann dieses Zeugnis als Leistungsnachweis dienen.
- Bescheinigung der Hochschule: Bestätigung, dass die üblichen Leistungen des jeweiligen Fachsemesters erbracht wurden.
- Bescheinigung über den Leistungsstand des dritten Fachsemesters: Vorlage in den ersten vier Monaten des vierten Fachsemesters.
- Bescheinigung über den Leistungsstand des vierten Fachsemesters: Vorlage ab dem fünften Monat des vierten Fachsemesters bis spätestens vier Monate nach Beginn des fünften Fachsemesters.
- ECTS-Nachweis: Der Nachweis kann auch durch das Erreichen der üblichen ECTS-Punkte bis zum jeweiligen Fachsemester geführt werden.
Hierbei sind Fristen zu beachten!
Die Nachweise müssen nicht unmittelbar mit Ende des Fachsemesters eingereicht werden. Erfolgt die Vorlage innerhalb der ersten vier Monate des folgenden Fachsemesters und belegt sie, dass die Leistungen bereits zuvor erbracht wurden, gilt der Nachweis als fristgerecht (§ 48 Abs. 2 BAföG).
Folgen bei verspäteter Vorlage:
Wird der Leistungsnachweis nicht fristgerecht erbracht, kann die Förderung ab dem fünften Semester eingestellt oder versagt werden. Die Behörde geht in diesem Fall davon aus, dass das Ausbildungsziel nicht in der vorgesehenen Zeit erreicht wird.
2. Gesetzlich anerkannte Gründe für eine verspätete Vorlage des Leistungsnachweises
Nach § 48 Abs. 2 BAföG kann ein Leistungsnachweis auch nach dem regulären Zeitpunkt anerkannt werden, wenn ein Verlängerungsgrund im Sinne von § 15 Abs. 3 oder § 15a Abs. 3 BAföG vorliegt. In diesen Fällen darf der Nachweis zu einem späteren Zeitpunkt nachgereicht werden.
Eine verspätete Vorlage ist nur dann unschädlich, wenn ein gesetzlich anerkannter Grund vorliegt (z. B. Krankheit, Schwangerschaft, Kinderbetreuung oder Gremientätigkeit). In diesen Fällen kann eine Verlängerung nach § 15 Abs. 3 oder § 15a Abs. 3 BAföG in Betracht kommen.
Anerkannte Gründe sind insbesondere:
- Krankheit – erforderlich ist ein ärztliches Attest, das Dauer und Auswirkungen auf den Studienverlauf belegt (§ 15 Abs. 3 Nr. 1 BAföG).
- Pflege naher Angehöriger (§ 15 Abs. 3 Nr. 2 BAföG).
- Tätigkeit in einem offiziellen Hochschulgremium – z. B. Fachschaft, AStA oder Studierendenparlament (§ 15 Abs. 3 Nr. 3 BAföG).
- Erstmaliges Nichtbestehen der Abschlussprüfung, soweit sie Voraussetzung für die Fortführung des Studiums ist (§ 15 Abs. 3 Nr. 4 BAföG).
- Behinderung (§ 15 Abs. 3 Nr. 5 BAföG).
- Schwangerschaft sowie Betreuung und Erziehung von Kindern (§ 15 Abs. 3 Nr. 5 BAföG).
- Erwerb zusätzlicher Sprachkenntnisse, wenn die Prüfungsordnung dies vorsieht (§ 15 Abs. 3 BAföG).
Entscheidend ist stets die Kausalität: Der geltend gemachte Grund muss die Studienverzögerung tatsächlich verursacht haben und dies muss durch entsprechende Nachweise belegt werden. Wird der Grund anerkannt, kann der Leistungsnachweis zu einem späteren Zeitpunkt nachgereicht werden.
3. Praktische Hinweise
- Einzelfallprüfung: Ob eine verspätete Vorlage des Leistungsnachweises anerkannt wird, hängt stark von den Umständen des Einzelfalls ab. Eine rechtliche Prüfung ist hier dringend erforderlich.
- Rechtsbehelfe nutzen: Gegen einen ablehnenden BAföG-Bescheid kann Widerspruch eingelegt werden. Bei Vorlage eines versagenden Widerspruchbescheids kann auch eine Klage vor dem Verwaltungsgericht eingereicht werden.
- Fristen beachten: Widerspruchs- und Klagefristen sind unbedingt einzuhalten. Die maßgeblichen Angaben finden sich in der Rechtsbehelfsbelehrung des jeweiligen Bescheids.
- Frühzeitig beraten lassen: Wer absehen kann, dass ein Leistungsnachweis nicht rechtzeitig erbracht werden kann, sollte rechtzeitig Rat einholen (z. B. bei BAföG-Beratungsstellen). So lässt sich vermeiden, dass später der Vorwurf entsteht, nicht alle erforderlichen Schritte unternommen zu haben.